Ich bedanke mich herzlich bei Julia Marktl für ihren informativen Gastbeitrag zum Thema Gewaltfreie Kommunikation in der Familie.
„Was ich in meinem Leben will, ist Einfühlsamkeit,
ein Fluss zwischen mir und anderen, der auf Gegenseitigkeit beruht.“
Marshall B. Rosenberg
Immer mehr Familien entscheiden sich für einen bedürfnisorientierten Umgang innerhalb der
Familie. Beziehung statt Erziehung rückt in den Fokus. Der Familienalltag soll so gestaltet sein, dass alle Familienmitglieder sich wohlfühlen. Jeder soll wachsen und sich entfalten zu können. Authentizität, Wertschätzung, Kooperation und Integrität prägen den bedürfnisorientierten Familienalltag.
Jesper Juul spricht in diesem Zusammenhang auch von Gleichwürdigkeit – alle Mitglieder einer Familie, Erwachsene und Kinder sind gleichwürdig.
Achtsame Kommunikation ist ein Grundstein, um bedürfnisorientierte Elternschaft zu
verwirklichen. Ein Modell, das empathisch und einfühlsam den Weg zu Kommunikation auf Augenhöhe eröffnet, ist die Gewaltfreie Kommunkation nach Marshall B.Rosenberg.
Marshall B. Rosenberg ist der Begründer der GfK. Er war Mediator und Psychologe und hat mit der GfK ein Kommunikationsmodell ins Leben gerufen, dass viele Menschen auf der Welt begleitet. Um möglichst viele Menschen mit der GfK zu erreichen, hat Marshall B. Rosenberg verschiedene Symbole ins Leben gerufen und zwei davon möchte ich euch heute kurz vorstellen.
Der Wolf als Symbol für die Machtsprache
Marshall B. Rosenberg wählte den Wolf als Symbol für die Machtsprache. Machtsprache meint eine Sprache voll interpretierendem Denken, Fühlen und Handeln. Sie lebt von und mit Belohnungen und Bestrafungen.
Der Wolf eignet sich als Symbol, da er einerseits relativ kurze Beine hat und damit keinen
Überblick. Er bleibt auf seiner Ebene. Im Konflikt gerät er in eine Art Blutrausch, beißt zu und
verbeißt sich sogar.
Die Giraffe als Symbol für die Herzenssprache
Ihre langen Beine ermöglichen der Giraffe eine weite Perspektive. Der lange Hals symbolisiert, dass es eine Weile braucht (brauchen darf) bis man mit der Sprache der Empathie spricht.
Außerdem hat die Giraffe das größte Herz unter den Landsäugetieren und die GfK wird auch als Herzenssprache bezeichnet.
Ist der Wolf nun böse und die Giraffe gut?
Nein. Schon vergessen, wir wollen weg von Bewertungen. Macht nix, die Giraffensprache darf geübt werden.
In der GfK geht es unter anderem um Beobachtung statt Bewertung und das gilt auch für den Wolf und die Giraffe.
Beide Anteile haben ihren Platz und ihre Berechtigung. Die GfK soll dabei unterstützen leichter in den Giraffenmodus zu kommen, auch wenn der Wolf gerade ganz laut knurrt.
Der Wolf steckt in jedem von uns und übernimmt eine wichtige Signal- und Warnfunktion. Umso lauter der Wolf aus uns spricht, umso eindringlicher ist seine Botschaft. Er ist ein Anzeiger von unerfüllten Bedürfnissen und das ist doch großartig, dass er diese Aufgabe so gewissenhaft übernimmt. Die Giraffe steht für Empathie und vereint in sich die Ziele und Grundannahmen der GfK.
Der Prozess der gewaltfreien Kommunikation
Die Technik der GfK beruht auf vier Komponenten.
1. Beobachtungen
2. Gefühle
3. Bedürfnisse
4. Bitten
Der GfK Prozess startet mit damit, konkrete Handlungen die unser Wohlbefinden beeinträchtigen zu beschreiben und nicht zu bewerten.
Beim zweiten Schritt werden Gefühle benannt. Wie fühlen wir uns in Verbindung mit dem, was wir beobachten.
Als nächstes geht es um die Bedürfnisse. Diese liegen den Gefühlen zu Grunde.
Der vierte Schritt umfasst die konkrete Handlung, um die wir bitten möchten.
Die eine Seite der GfK besteht darin, diese vier Informationsteile ganz klar auszudrücken. Dabei ist es unerheblich, ob dies verbal oder non verbal erfolgt.
Gleichzeitig werden diese vier Informationsteile auch gehört und von unserem Gegenüber
aufgenommen. Die GfK besteht also daraus, sich mit Hilfe der vier Komponenten ehrlich
auszudrücken und diese vier Komponenten auch aktiv zu hören.
Technik ist nicht alles
Die GfK besteht aus zwei grundlegenden Bestandteilen, nämlich Technik und Haltung. Um die Sprache der Empathie in den Familienalltag zu integrieren braucht man sowohl die Methodik der gewaltfreien Kommunikation mit ihren vier Schritten, als auch die Haltung, die auf den Grundannahmen der GfK beruht.
Es ist ein wenig wie bei einem Stuhl: fehlt ein Bein, wird er wackelig und kann nicht so richtig
stehen.
Fokussiere ich mich beim Erlernen der GfK auf die Methode und die Haltung fehlt, wird nicht
ankommen was ich sagen will. Mein Gegenüber wird mich nicht verstehen und das Gesagte nicht ernst nehmen, auch wenn es „technisch“ korrekt ist. Empathie ist keine Technik, sie ist eine Frage der Haltung.
Umgekehrt wird der Stuhl auch wackelig, wenn die Haltung zwar da ist, ich aber weiterspreche wie bisher und den Wolf rauslasse. Da kann die Haltung super sein, Worte können trotzdem verletzen.
Für gelebte Emapthie im Sinne der GfK braucht es also beides: Technik und Haltung.
Wie lernen Kinder die gewaltfreie Kommunikation?
Kinder lernen durch Nachahmung ihrer Vorbilder. Eltern sind Vorbilder ihrer Kinder. Dein Kind lernt die GfK also dadurch, dass du sie vorlebst.
Genauso wie ein Kind Sprache, Vokabel oder den Dialekt von den Eltern lernt, kann es auch die GfK von ihnen lernen.
Achtsame Kommunikation braucht Übung
"Verwechsle nicht das, was Gewohnheit ist, mit dem, was natürlich ist."
Ghandi
Du denkst vielleicht: „Puh, ganz schön viel Information und ganz schön viele Bausteine und das klingt total unauthentisch.“
Ja. Achtsame Kommunikation braucht Übung und der Prozess alte, eingefahrene
Kommunikationsmuster aufzubrechen und zu verändern, darf Zeit in Anspruch nehmen.
Das ist mit ein Grund, warum es viele GfK Übungsgruppen gibt. Mit Gleichgesinnten fällt das
Üben leicht, man kann sich gegenseitig motivieren und Erfolge feiern.
Auf dem Weg hin zu deiner, persönlichen und authentischen Sprache wirst du viel erleben und ausprobieren, manches wird sich etablieren und anderes wirst du zurücklassen. Geh achtsam voran, in deinem Tempo, es ist kein Wettbewerb und vergiss nicht: du darfst dich und jeden deiner Schritte feiern.
Wie findest du die gewaltfreie Kommunikation?
Ist sie deine Wahl auf dem Weg hin zu achtsamer Kommunikation in deiner Familie?
Wer hat diesen Artikel geschrieben?
Julia Marktl ist Mediatorin, Erwachsenenbildnerin und Juristin. Ihr Ziel ist es, Eltern darin zu unterstützen, ihren authentischen Elternweg zu finden. Dabei setzt sie auf die Grundpfeiler achtsame Kommunikation, Erziehung ohne Gewalt sowie Bedürfnisorientierung. Ich habe Julia selbst in einigen Online Veranstaltungen erlebt und bin begeistert, von ihrem undogmatischen Auftreten und den bereichernden Impulsen.
Am 12.05. startet Julias erste Online-Mamagruppe "beziehungsberechtigt- einzigartig. bunt.ich.".
Soweit ich weiß ist da noch ein Platz frei- also melde dich schnell noch bei ihr an!
(Unbezahlte Werbung aus Überzeugung)
Foto: ©Träumerherzfotografie
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